Während ich in guter Gesellschaft in einem Café ein leckeres Stück Kuchen und einen Chai Latte genieße, stürmen gefühlt tausende Wortfetzen auf mich ein. Sie sind nicht überdurchschnittlich laut, hören sich eher wie das ständiges Grummeln eines Flusses an, der
langsam vor sich hin in Richtung Meer fließt. Aber einige von ihnen verschaffen sich irgendwie meine ganze Aufmerksamkeit.
Da sitzen zwei ältere Damen am Nebentisch, die sich über die Kinder von Heute, genauer gesagt, über ihre nicht immer so braven Enkelkinder austauschen. Sie schaffen es, sich gegenseitig immer wieder mit Situationsbeschreibungen zu übertrumpfen, in denen sich die Kinder, ihrer Meinung nach nicht angemessen verhalten hätten.
Einen Schluck Chai später, bemerke ich, wie mich ein Satz des Tischnachbarn zu meiner Rechten, aus der Kritikflut rettet. Er fachsimpelt mit seinem Tischnachbar über Holzbearbeitung in der heimischen Hobbywerkstatt. Während ich gespannt darauf
warte, einen Tipp für meine bescheidenen Bastelarbeiten zu erhaschen, wird mir klar, dass mein Chai Latte während meines Fremdhörens kalt geworden ist.
Im Nachhinein beschäftigen mich die mitgehörten Themen nur noch am Rande, verlieren nahezu gänzlich mein Interesse. Wenn da nicht die Frage des Hörens übrig geblieben wäre.
Mir wird wieder einmal klar, dass die Ohren, bzw. das Gehörte, enorme Auswirkung auf mein Leben haben.
Während ich kaum noch über die Großmütter und ihre Erziehungsvorgaben nachdenke, beschäftigen mich die kleinen Kniffe für die Holzbehandlung schon noch.
Wenn Gott uns in seinem Wort immer wieder auffordert zu hören, dann sind es nicht immer die Informationen, Botschaften oder Wünsche, die mich nachhaltig beschäftigen. „Die Botschaft höre ich wohl, allen, mit fehlt…“, lautet ein Sprichwort. Da stellt sich mir die
Frage, was mir denn beim Hören auf Gott und sein Wort fehlt.
Der Glaube ist es nicht. Denn er ist ja mein Gott! Das Vertrauen darauf, dass er es gut mit mir meint, fehlt mir auch nicht. Die Überzeugung, dass er das Recht hat, mir gegenüber
seinen Willen zu bekunden, besteht uneingeschränkt.
Trotz alledem bemerke ich, dass die mich ständig umgebenden „Wortfetzen“ nicht an Wirkung verlieren. Aber ich höre, was mich gerade interessiert, was sich gerade in meine
Gedankengänge einfügt.
Gott möchte, anders als bei meinem Cafébesuch, meine ganze Aufmerksamkeit. Das könnte doch ein guter Vorsatz für das neue Jahr sein!?
Eine gesegnete Zeit!